Geschäftsprozesse modellieren – BPMN, UML & Prozessmanagement

Geschäftsprozesse modellieren leicht gemacht: Entdecke BPMN, UML und zentrale Methoden des Prozessmanagements – ausführlich, verständlich und praxisnah erklärt.

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In der heutigen wirtschaftlichen Landschaft stellen Geschäftsprozesse das Rückgrat jedes Unternehmens dar. Ob Bestellabwicklung, Kundenservice oder Produktentwicklung – effiziente Prozesse entscheiden maßgeblich über den Erfolg oder Misserfolg einer Organisation. Doch wie behält man bei zunehmender Komplexität den Überblick? Genau hier kommt die Prozessmodellierung ins Spiel – ein mächtiges Werkzeug, das es erlaubt, komplexe Abläufe visuell darzustellen, zu analysieren und zu optimieren.

Die Business Process Model and Notation (BPMN) hat sich dabei als internationaler Standard etabliert, ist aber nur eine von mehreren Methoden zur Prozessvisualisierung. Als Wirtschaftsstudent wirst du früher oder später mit diesen Konzepten in Berührung kommen, sei es in der Vorlesung über Geschäftsprozessmanagement oder im späteren Berufsleben.

Doch welche Modellierungssprache eignet sich für welchen Zweck? Wie unterscheiden sich BPMN, EPK und andere Notationen? Und wie kannst du diese Werkzeuge konkret einsetzen, um Prozesse zu optimieren?

Was ist Geschäftsprozessmodellierung und warum ist sie unerlässlich?

Die Geschäftsprozessmodellierung bezeichnet die grafische Darstellung von Arbeitsabläufen innerhalb eines Unternehmens. Sie schafft Transparenz und ein gemeinsames Verständnis über komplexe Prozesse. Mit klaren Visualisierungen werden Abläufe für alle Beteiligten verständlich – von der Fachabteilung bis zur IT.

Die Vorteile der Prozessabbildung liegen auf der Hand:

  • Transparenz: Versteckte Schwachstellen und Optimierungspotenziale werden sichtbar
  • Kommunikation: Ein gemeinsames Verständnis über Abteilungsgrenzen hinweg entsteht
  • Standardisierung: Best Practices lassen sich dokumentieren und wiederholen
  • Digitalisierung: Modellierte Prozesse bilden die Grundlage für Automatisierungen

Besonders in Zeiten der digitalen Transformation wird die Prozessmodellierung zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Sie bildet die Brücke zwischen fachlichen Anforderungen und technischer Umsetzung.

Wie funktioniert BPMN und welche Elemente umfasst es?

Die Business Process Model and Notation (BPMN) wurde von der Object Management Group entwickelt und hat sich als der international führende Standard zur Geschäftsprozessmodellierung etabliert. BPMN 2.0, die aktuelle Version, bietet eine umfassende Symbolsprache mit klaren Regeln zur Prozessdarstellung.

Die wichtigsten BPMN-Grundelemente umfassen:

ElementtypBeschreibungBeispiele
FlussobjekteStellen Aktivitäten, Ereignisse und Entscheidungen darAufgaben, Start-/Endereignisse, Gateways
VerbindungsobjekteVerbinden Flussobjekte miteinanderSequenzflüsse, Nachrichtenflüsse
SchwimmbahnenOrdnen Aktivitäten organisatorischen Einheiten zuPools und Lanes
ArtefakteLiefern zusätzliche InformationenDatenobjekte, Anmerkungen

Mit BPMN kannst du sowohl einfache als auch hochkomplexe Prozesse modellieren. Der Standard unterscheidet dabei verschiedene Prozesstypen:

  1. Private Prozesse: Interne Abläufe einer Organisation
  2. Öffentliche Prozesse: Interaktionen zwischen Organisationen
  3. Kollaborationen: Zusammenspiel mehrerer Teilnehmer

Ein besonderer Vorteil von BPMN liegt in seiner Ausführbarkeit: Moderne BPM-Systeme können BPMN-Modelle direkt in lauffähige Workflow-Anwendungen übersetzen. Dies schließt die oft problematische Lücke zwischen Modellierung und Implementierung.

Mehr zu den Grundlagen der Prozessmodellierung findest du in unseren Wirtschaftsinformatik-Lernkarten.

Welche Alternativen zu BPMN existieren für unterschiedliche Anwendungsfälle?

Obwohl BPMN der verbreitetste Standard ist, existieren verschiedene Prozessmodellierungssprachen mit spezifischen Stärken und Schwächen:

Ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK)

EPKs stammen aus dem ARIS-Konzept und werden besonders im deutschsprachigen Raum häufig eingesetzt. Sie zeichnen sich durch ihre intuitive Darstellung aus:

  • Ereignisse und Funktionen wechseln sich stets ab
  • Einfache Symbolik mit wenigen Grundelementen
  • Starker Fokus auf die fachliche Perspektive

EPKs eignen sich hervorragend für die erste Dokumentation von Geschäftsprozessen mit Fachabteilungen, da sie mit wenigen Elementen auskommen und leicht verständlich sind.

UML-Aktivitätsdiagramme

Als Teil der Unified Modeling Language bieten Aktivitätsdiagramme eine alternative Darstellungsform:

  • Starke Integration mit anderen UML-Diagrammen
  • Besonders geeignet für die Softwareentwicklung
  • Gute Darstellung von parallelen Abläufen

Wenn dein Fokus auf der Softwareentwicklung liegt, bieten Aktivitätsdiagramme eine nahtlose Integration in den gesamten Entwicklungsprozess.

Weitere Alternativen umfassen:

  • Petri-Netze: Mathematisch fundiert, besonders für formale Analysen
  • Value Stream Mapping: Fokus auf Wertschöpfung und Verschwendung im Lean Management
  • SIPOC: Einfache Übersicht über Lieferanten, Inputs, Prozesse, Outputs und Kunden

Die Wahl der richtigen Methode hängt stark vom Anwendungsfall, den Beteiligten und dem Zweck der Modellierung ab. Mehr zu diesen Methoden erfährst du unter Wirtschaftsinformatik-Grundlagen.

Wie modellierst du deinen ersten Geschäftsprozess mit BPMN?

Die Prozessmodellierung mit BPMN folgt einem strukturierten Ansatz:

  1. Prozessgrenzen definieren: Bestimme Start- und Endereignisse klar
  2. Hauptaktivitäten identifizieren: Erfasse die zentralen Schritte des Prozesses
  3. Entscheidungspunkte einbauen: Füge Gateways für verschiedene Prozessverläufe hinzu
  4. Verantwortlichkeiten zuordnen: Nutze Schwimmbahnen für Organisationseinheiten
  5. Details ergänzen: Erweitere das Modell um Ausnahmen, Zeitvorgaben etc.

Für den Einstieg empfiehlt sich ein überschaubarer Prozess aus deinem Alltag, beispielsweise die Prüfungsanmeldung an deiner Universität oder ein Bewerbungsverfahren.

Folgende Tools unterstützen dich bei der Modellierung:

  • Camunda Modeler: Kostenloser, leistungsstarker BPMN-Editor
  • draw.io: Vielseitige Diagramm-Software mit BPMN-Unterstützung
  • Signavio: Professionelle BPM-Suite (kostenpflichtig)

Ein wichtiger Tipp: Halte deine ersten Modelle einfach. Beginne mit den Hauptpfaden und erweitere das Modell schrittweise um Ausnahmen und Sonderfälle.

Welche häufigen Fehler solltest du bei der Prozessmodellierung vermeiden?

Bei der Modellierung von Geschäftsprozessen können verschiedene Stolpersteine auftreten:

Zu komplexe Modelle

Ein häufiger Fehler ist die Überfrachtung von Prozessmodellen mit zu vielen Details auf einmal. Dies führt zu unübersichtlichen "Spaghetti-Diagrammen", die niemand mehr versteht.

Besser: Erstelle hierarchische Modelle mit Subprozessen. Ein Hauptprozess gibt den Überblick, während Detailprozesse die Einzelheiten darstellen.

Fehlende Abstimmung mit den Beteiligten

Prozessmodelle, die im "stillen Kämmerlein" entstehen, verpassen oft wichtige Aspekte der realen Abläufe.

Besser: Führe Interviews mit den Prozessbeteiligten durch und validiere deine Modelle regelmäßig mit den tatsächlichen Anwendern.

Vermischung von Ist- und Soll-Zustand

Ohne klare Kennzeichnung, ob ein Modell den aktuellen oder den angestrebten Zustand darstellt, entsteht Verwirrung.

Besser: Dokumentiere klar, ob es sich um eine Ist- oder Soll-Modellierung handelt, und stelle idealerweise beide Varianten gegenüber.

Vertiefende Einblicke in häufige Modellierungsfehler und deren Vermeidung findest du in diesem Fachartikel der Gesellschaft für Prozessmanagement.

Wie optimierst du bestehende Geschäftsprozesse mit Hilfe von Modellen?

Die Prozessoptimierung auf Basis von Modellen folgt einem systematischen Ansatz:

  1. Schwachstellenanalyse: Identifiziere im Ist-Modell:

    • Medienbrüche
    • Lange Wartezeiten
    • Redundante Aktivitäten
    • Häufige Rückfragen oder Fehlerquellen
  2. Optimierungstechniken anwenden:

    • Eliminieren: Entferne nicht-wertschöpfende Aktivitäten
    • Kombinieren: Fasse zusammengehörige Schritte zusammen
    • Parallelisieren: Führe unabhängige Aktivitäten gleichzeitig durch
    • Automatisieren: Ersetze manuelle durch systemgestützte Tätigkeiten
  3. Soll-Modell erstellen: Modelliere den optimierten Prozess und validiere ihn mit allen Beteiligten.

  4. Umsetzungsplanung: Entwickle einen konkreten Plan zur Implementierung der Änderungen.

Besonders wirksam ist die Kombination der Prozessmodellierung mit quantitativen Analysen. Ergänze deine Modelle um Kennzahlen wie Durchlaufzeiten, Kosten oder Fehlerraten, um Optimierungspotenziale messbar zu machen.

Für tiefergehende Einblicke in die Prozessoptimierung empfehle ich unsere Prozessmanagement-Lernkarten.

Die Zukunft der Prozessmodellierung gestalten

Die Geschäftsprozessmodellierung entwickelt sich kontinuierlich weiter. Mit BPMN, EPK und anderen Notationen verfügst du über mächtige Werkzeuge, um Prozesse transparent zu machen, zu kommunizieren und zu optimieren. Die Fähigkeit, Geschäftsprozesse zu modellieren, zählt heute zu den Kernkompetenzen in vielen wirtschaftlichen Berufsfeldern – vom Prozessmanager über den Business Analyst bis zum IT-Consultant.

Durch die zunehmende Digitalisierung gewinnt die Prozessmodellierung weiter an Bedeutung. Sie bildet die Brücke zwischen fachlichen Anforderungen und technischer Umsetzung und ermöglicht es, Automatisierungspotenziale systematisch zu identifizieren und umzusetzen.

Beginne am besten mit einfachen Prozessen aus deinem Umfeld und erweitere deine Fähigkeiten schrittweise. Die Investition in diese Kompetenz wird sich in deinem Studium und späteren Berufsleben vielfach auszahlen. Denn wer Prozesse versteht und gestalten kann, trägt maßgeblich zum Erfolg von Unternehmen in der digitalen Wirtschaft bei.

Möchtest du dein Wissen über Prozessmodellierung vertiefen? Dann empfehle ich dir unsere umfassenden Wirtschaftsinformatik-Lernkarten, die dir helfen, diese wichtigen Konzepte zu meistern.

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