Standardabweichung berechnen: Formel, Beispiele
Das Wichtigste in Kürze
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Die Standardabweichung misst die Streuung von Datenwerten um ihren Mittelwert und ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Risikoquantifizierung und Entscheidungsfindung in der Wirtschaftswissenschaft.
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Die Berechnung erfolgt durch Ermittlung des Mittelwerts, Quadrierung der Abweichungen, Durchschnittsbildung und Wurzelziehung, wobei bei Stichproben durch (n-1) statt n geteilt wird (Bessel-Korrektur).
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In der Wirtschaftspraxis wird die Standardabweichung vielseitig eingesetzt - vom Risikomanagement in der Finanzwirtschaft über Qualitätskontrolle in der Produktion bis hin zur Marktforschung und Wirtschaftsprognosen.
Warum ist die Standardabweichung für Wirtschaftsstudenten wichtig?
Stell dir vor, zwei Unternehmen erzielen im Durchschnitt denselben Jahresumsatz von 500.000 Euro. Klingt zunächst gleichwertig, oder? Doch wenn du genauer hinschaust, erkennst du: Unternehmen A schwankt monatlich zwischen 480.000 und 520.000 Euro, während Unternehmen B zwischen 200.000 und 800.000 Euro pendelt. Diese Unterschiede in der Stabilität lassen sich nicht am Mittelwert ablesen – hier kommt die Standardabweichung ins Spiel.
In der Betriebswirtschaftslehre begegnest du der Standardabweichung in nahezu allen Bereichen: bei der Risikoanalyse von Portfolios, in der Produktionsplanung, bei Marktforschungsstudien oder im Controlling. Sie hilft dir, Risiken zu quantifizieren, Prognosen zu bewerten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Während du im externen Rechnungswesen: Buchführung die Vergangenheit dokumentierst, ermöglicht dir die Standardabweichung, Unsicherheiten für die Zukunft einzuschätzen.
Besonders in Kombination mit anderen betriebswirtschaftlichen Konzepten wird die Standardabweichung wertvoll: Wenn du beispielsweise lineare Abschreibungen planst, kannst du mithilfe der Standardabweichung die Volatilität der Nutzungsdauer oder Restwerte analysieren. Auch bei der Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ist es relevant, Abweichungen von Normwerten zu erkennen und zu dokumentieren.
Was ist die Standardabweichung? Grundprinzip verstehen
Die Standardabweichung (Symbol: σ für die Grundgesamtheit, s für die Stichprobe) ist ein statistisches Maß, das angibt, wie stark einzelne Datenwerte im Durchschnitt vom Mittelwert abweichen. Je größer die Standardabweichung, desto stärker streuen die Werte – und desto höher ist in vielen Fällen das Risiko oder die Unsicherheit.
Anders ausgedrückt: Die Standardabweichung misst die durchschnittliche Entfernung aller Werte von ihrem arithmetischen Mittel. Sie wird in derselben Einheit wie die Ursprungsdaten angegeben, was sie besonders anschaulich macht. Während die Varianz (das Quadrat der Standardabweichung) mathematisch wichtig ist, lässt sie sich schwerer interpretieren, da sie in quadrierten Einheiten vorliegt.
Die Formeln: Grundgesamtheit vs. Stichprobe
In der Praxis unterscheiden wir zwischen zwei Szenarien:
Standardabweichung der Grundgesamtheit (σ):
Wenn du alle Daten einer Population vorliegen hast (z. B. alle Mitarbeitergehälter eines Unternehmens), verwendest du diese Formel:
σ = √[Σ(xᵢ - μ)² / N]
Dabei gilt:
- xᵢ = einzelner Datenwert
- μ = arithmetisches Mittel der Grundgesamtheit
- N = Anzahl aller Werte
- Σ = Summe über alle Werte
Standardabweichung der Stichprobe (s):
In den meisten betriebswirtschaftlichen Analysen arbeitest du mit Stichproben (z. B. 100 befragte Kunden statt allen Kunden). Hier verwendest du die Stichprobenformel mit Bessel-Korrektur:
s = √[Σ(xᵢ - x̄)² / (n-1)]
Dabei gilt:
- x̄ = arithmetisches Mittel der Stichprobe
- n = Anzahl der Stichprobenwerte
- (n-1) = Freiheitsgrade (Bessel-Korrektur für unverzerrte Schätzung)
Merke: Die Division durch (n-1) statt n bei der Stichprobe sorgt dafür, dass die Standardabweichung die tatsächliche Streuung der Grundgesamtheit nicht unterschätzt.
Standardabweichung berechnen: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schauen wir uns an einem praxisnahen Beispiel an, wie du die Standardabweichung konkret berechnest. Nehmen wir an, du analysierst die monatlichen Umsätze eines Online-Shops im ersten Halbjahr:
Monatsumsätze in Euro: 45.000 | 52.000 | 48.000 | 55.000 | 50.000 | 60.000
Schritt 1: Mittelwert berechnen
Addiere alle Werte und teile durch die Anzahl:
x̄ = (45.000 + 52.000 + 48.000 + 55.000 + 50.000 + 60.000) / 6 x̄ = 310.000 / 6 = 51.666,67 Euro
Schritt 2: Abweichungen vom Mittelwert ermitteln
Berechne für jeden Monat die Differenz zum Mittelwert:
- Januar: 45.000 - 51.666,67 = -6.666,67
- Februar: 52.000 - 51.666,67 = +333,33
- März: 48.000 - 51.666,67 = -3.666,67
- April: 55.000 - 51.666,67 = +3.333,33
- Mai: 50.000 - 51.666,67 = -1.666,67
- Juni: 60.000 - 51.666,67 = +8.333,33
Schritt 3: Abweichungen quadrieren
Um negative und positive Abweichungen gleichwertig zu behandeln und größere Abweichungen stärker zu gewichten, quadrieren wir jeden Wert:
- Januar: (-6.666,67)² = 44.444.444,44
- Februar: (333,33)² = 111.111,11
- März: (-3.666,67)² = 13.444.444,44
- April: (3.333,33)² = 11.111.111,11
- Mai: (-1.666,67)² = 2.777.777,78
- Juni: (8.333,33)² = 69.444.444,44
Schritt 4: Durchschnitt der quadrierten Abweichungen
Addiere alle quadrierten Abweichungen und teile durch (n-1), da es sich um eine Stichprobe handelt:
Summe = 141.333.333,32
Varianz s² = 141.333.333,32 / (6-1) = 141.333.333,32 / 5 = 28.266.666,66
Schritt 5: Wurzel ziehen
Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel der Varianz:
s = √28.266.666,66 ≈ 5.316,64 Euro
Interpretation: Die monatlichen Umsätze weichen im Durchschnitt um etwa 5.317 Euro vom Mittelwert ab. Bei einem durchschnittlichen Umsatz von 51.667 Euro entspricht das einer relativen Schwankung von rund 10 Prozent – ein Wert, der für ein junges Online-Geschäft als moderat einzustufen ist.
Standardabweichung in Excel berechnen
In der Praxis wirst du die Standardabweichung meist mit Excel berechnen. Microsoft Excel bietet dir verschiedene Funktionen:
Für Stichproben (am häufigsten verwendet):
=STABW.S(Bereich)oder=STDEV.S(Bereich)(ab Excel 2010)- Ältere Versionen:
=STABW(Bereich)
Für Grundgesamtheiten:
=STABW.N(Bereich)oder=STDEV.P(Bereich)(ab Excel 2010)
Beispiel: Wenn deine Umsatzzahlen in den Zellen A1 bis A6 stehen, gibst du einfach ein:
=STABW.S(A1:A6)
Das Ergebnis: 5.316,64 Euro – identisch mit unserer manuellen Berechnung. Excel nimmt dir also die aufwendige Rechnung ab, aber du solltest die dahinterliegende Logik verstehen, um die Ergebnisse richtig interpretieren zu können.
Praxis-Tipp: Kombiniere in Excel die Standardabweichung mit bedingter Formatierung. So kannst du auf einen Blick erkennen, welche Werte außerhalb von einem oder zwei Standardabweichungen liegen – potenzielle Ausreißer oder kritische Abweichungen.
Vergleich mit anderen Streumaßen
Die Standardabweichung ist nicht das einzige Streumaß in der Statistik. Je nach Anwendungsfall können andere Kennzahlen sinnvoller sein. Hier ein Überblick:
| Streumaß | Formel/Berechnung | Vorteile | Nachteile | Typische Anwendung |
|---|---|---|---|---|
| Standardabweichung | Wurzel aus Varianz | Berücksichtigt alle Werte; in Originaleinheit; mathematisch fundiert | Anfällig für Extremwerte | Finanzwirtschaft, Qualitätsmanagement, allgemeine Risikoanalyse |
| Varianz | Durchschnitt der quadrierten Abweichungen | Mathematisch wichtig für weitere Berechnungen | Schwer interpretierbar (quadrierte Einheit) | Statistische Tests, ANOVA, Portfoliotheorie |
| Spannweite | Maximum - Minimum | Extrem einfach zu berechnen | Ignoriert 95% der Daten; sehr anfällig für Ausreißer | Schnellcheck, Qualitätskontrolle mit Toleranzgrenzen |
| Mittlere absolute Abweichung (MAD) | Durchschnitt der Absolutbeträge der Abweichungen | Robuster gegen Ausreißer als Standardabweichung | Mathematisch weniger elegant; seltener verwendet | Robuste Statistik, bei Daten mit Extremwerten |
| Quartilsabstand (IQR) | Q3 - Q1 | Sehr robust gegen Ausreißer | Ignoriert Extrembereiche komplett | Explorative Datenanalyse, Boxplots |
In der betriebswirtschaftlichen Praxis dominiert die Standardabweichung, weil sie einen guten Kompromiss zwischen mathematischer Eleganz und praktischer Interpretierbarkeit bietet. Wenn du allerdings mit Daten arbeitest, die viele Ausreißer enthalten, solltest du zusätzlich den Median und den Quartilsabstand betrachten.
Wichtige Anwendungsfelder in der Wirtschaft
Finanzwirtschaft und Portfoliomanagement
In der Finanzwirtschaft ist die Standardabweichung das Standardmaß für Risiko. Wenn du ein Aktienportfolio analysierst, zeigt dir die Standardabweichung der Renditen, wie volatil das Investment ist. Eine Aktie mit einer Standardabweichung von 30 Prozent schwankt deutlich stärker als eine mit 10 Prozent – und gilt damit als risikoreicher.
Das berühmte Sharpe-Ratio, das die risikoadjustierte Rendite misst, setzt die Überrendite ins Verhältnis zur Standardabweichung. Auch im Value-at-Risk-Modell, das maximale Verluste schätzt, spielt die Standardabweichung eine zentrale Rolle.
Qualitätsmanagement und Produktionscontrolling
In der Produktion verwendest du die Standardabweichung, um Prozessqualität zu überwachen. Angenommen, eine Abfüllanlage soll Flaschen mit 500 ml befüllen. Wenn die Standardabweichung bei 2 ml liegt, sind die Abweichungen minimal. Steigt sie auf 15 ml, deutet das auf Probleme in der Produktionslinie hin.
Six Sigma, eine der bekanntesten Qualitätsmanagement-Methoden, zielt darauf ab, Prozesse so zu optimieren, dass nur 3,4 Fehler pro Million Möglichkeiten auftreten – das entspricht einer Prozessbreite von sechs Standardabweichungen zwischen Mittelwert und Toleranzgrenze.
Marktforschung und Kundenzufriedenheitsanalysen
Wenn du Umfragen auswertest, hilft dir die Standardabweichung zu verstehen, wie einheitlich die Meinungen sind. Bei einer Kundenzufriedenheitsbefragung mit einer Durchschnittsbewertung von 4,2 von 5 Punkten macht es einen großen Unterschied, ob die Standardabweichung 0,3 oder 1,8 beträgt. Im ersten Fall sind die meisten Kunden zufrieden, im zweiten Fall gibt es stark polarisierte Meinungen.
Controlling und Budgetplanung
Im Controlling nutzt du die Standardabweichung, um Planabweichungen zu analysieren. Wenn dein monatliches Marketing-Budget durchschnittlich um 2.000 Euro mit einer Standardabweichung von 500 Euro überschritten wird, kannst du diese Information für zukünftige Planungen nutzen. Kombiniert mit anderen Kennzahlen, die du beim Kontenarten bestimmen erfasst, erhältst du ein umfassendes Bild der finanziellen Stabilität.
Praxisbeispiel 1: Renditeanalyse zweier Investmentfonds
Du vergleichst zwei Investmentfonds für eine Anlageempfehlung an deinen Kunden. Beide haben in den letzten zehn Jahren eine durchschnittliche Jahresrendite von 7 Prozent erzielt. Auf den ersten Blick scheinen sie gleichwertig.
Fonds A – Jahresrenditen in Prozent: 5,5 | 6,8 | 7,2 | 6,5 | 7,8 | 7,1 | 6,9 | 7,4 | 6,7 | 8,1
Fonds B – Jahresrenditen in Prozent: -2,0 | 12,5 | 3,5 | 15,0 | 4,0 | 9,5 | 6,0 | 10,5 | 5,5 | 5,5
Beide erreichen einen Mittelwert von 7,0 Prozent. Nun berechnest du die Standardabweichungen:
Fonds A:
- Varianz = [(5,5-7)² + (6,8-7)² + ... + (8,1-7)²] / 9 = 0,5089
- Standardabweichung sₐ ≈ 0,71 Prozent
Fonds B:
- Varianz = [(-2-7)² + (12,5-7)² + ... + (5,5-7)²] / 9 = 24,8333
- Standardabweichung s_b ≈ 4,98 Prozent
Interpretation: Fonds B schwankt mit einer Standardabweichung von 4,98 Prozent fast siebenmal stärker als Fonds A mit 0,71 Prozent. Für einen risikoaversen Anleger, der Stabilität bevorzugt, ist Fonds A trotz identischer durchschnittlicher Rendite die bessere Wahl. Fonds B könnte für risikofreudige Anleger interessant sein, die höhere Schwankungen in Kauf nehmen.
Dieses Beispiel zeigt: Der Mittelwert allein sagt nichts über die Risikoeigenschaften einer Investition aus. Die Standardabweichung liefert die entscheidende zusätzliche Information.
Praxisbeispiel 2: Produktionszeit-Analyse in der Fertigung
Ein Automobilzulieferer möchte die Effizienz zweier Produktionslinien für Bremsscheiben vergleichen. Beide Linien produzieren durchschnittlich 120 Stück pro Stunde. Die Qualitätsmanagerin hat die stündlichen Output-Zahlen einer Woche dokumentiert:
Linie 1 (40 Messungen): Durchschnitt: 120 Stück/h, Standardabweichung: 8,5 Stück
Linie 2 (40 Messungen): Durchschnitt: 120 Stück/h, Standardabweichung: 23,2 Stück
Analyse: Obwohl beide Linien im Mittel gleich produktiv sind, zeigt Linie 1 eine deutlich geringere Streuung. Die niedrigere Standardabweichung bedeutet:
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Planungssicherheit: Bei Linie 1 kannst du verlässlicher vorhersagen, wie viele Teile in einer bestimmten Zeit produziert werden. Das erleichtert die Kapazitätsplanung.
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Qualitätsstabilität: Geringere Schwankungen deuten oft auf stabilere Prozessbedingungen hin. Temperaturschwankungen, Materialqualität oder Maschinenverschleiß sind wahrscheinlich besser unter Kontrolle.
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Wartungsbedarf: Die hohe Standardabweichung bei Linie 2 könnte auf technische Probleme hindeuten. Eine detaillierte Ursachenanalyse wäre sinnvoll.
Handlungsempfehlung: Die Produktionsleitung sollte Linie 2 genauer untersuchen. Möglicherweise sind Wartungsarbeiten nötig, oder es gibt Schulungsbedarf bei den Mitarbeitern. Langfristig sollte das Ziel sein, die Standardabweichung von Linie 2 auf das Niveau von Linie 1 zu senken.
Fehlerquellen und Interpretation richtig verstehen
Bei der Arbeit mit der Standardabweichung können verschiedene Fehler auftreten, die zu falschen Schlussfolgerungen führen:
Verwechslung von Stichprobe und Grundgesamtheit
Ein häufiger Fehler ist die Verwendung der falschen Formel. Wenn du mit einer Stichprobe arbeitest (was in der Praxis meistens der Fall ist), musst du durch (n-1) statt durch n teilen. Die Verwendung der Grundgesamtheitsformel bei Stichproben führt zu einer systematischen Unterschätzung der tatsächlichen Streuung.
Ausreißer nicht erkennen
Die Standardabweichung reagiert empfindlich auf Extremwerte. Ein einzelner Ausreißer kann die Standardabweichung erheblich vergrößern. Bevor du die Standardabweichung berechnest, solltest du deine Daten visualisieren (z. B. mit einem Boxplot) und prüfen, ob Ausreißer vorliegen. Diese müssen dann entweder plausibilisiert oder aus der Berechnung ausgeschlossen werden.
Nichtbeachtung der Normalverteilung
Viele Interpretationen der Standardabweichung (wie die 68-95-99,7-Regel) gelten nur bei annähernd normalverteilten Daten. Bei stark schiefen Verteilungen oder multimodalen Daten kann die Standardabweichung irreführend sein. In solchen Fällen sind der Median und der Quartilsabstand bessere Alternativen.
Vergleich von Daten mit unterschiedlichen Einheiten
Du kannst nicht sinnvoll die Standardabweichung von Umsätzen in Euro mit der Standardabweichung von Produktionsmengen in Stück vergleichen. Für solche Vergleiche benötigst du den Variationskoeffizienten (siehe nächster Abschnitt).
Faustregel zur Interpretation: Bei normalverteilten Daten liegen etwa 68 Prozent aller Werte innerhalb von einer Standardabweichung um den Mittelwert, 95 Prozent innerhalb von zwei Standardabweichungen und 99,7 Prozent innerhalb von drei Standardabweichungen. Werte, die mehr als zwei Standardabweichungen vom Mittelwert entfernt liegen, gelten oft als ungewöhnlich.
Standardabweichung vs. Variationskoeffizient
Ein Problem der Standardabweichung: Sie ist absolut, nicht relativ. Eine Standardabweichung von 5.000 Euro wirkt bei einem Mittelwert von 10.000 Euro riesig, bei einem Mittelwert von 1.000.000 Euro jedoch minimal. Hier kommt der Variationskoeffizient ins Spiel.
Variationskoeffizient (VK oder CV):
VK = (Standardabweichung / Mittelwert) × 100%
Der Variationskoeffizient drückt die Standardabweichung als Prozentsatz des Mittelwerts aus und ermöglicht damit den Vergleich der relativen Streuung zwischen verschiedenen Datensätzen.
Beispiel aus unserem Online-Shop:
- Mittelwert: 51.666,67 Euro
- Standardabweichung: 5.316,64 Euro
- Variationskoeffizient: (5.316,64 / 51.666,67) × 100% ≈ 10,3%
Wann den Variationskoeffizienten verwenden?
Du solltest den Variationskoeffizienten einsetzen, wenn du:
- Datensätze mit unterschiedlichen Mittelwerten vergleichen möchtest (z. B. Umsatzschwankungen in einer Filiale mit 100.000 Euro Monatsumsatz vs. einer Filiale mit 500.000 Euro)
- Datensätze mit unterschiedlichen Einheiten vergleichen möchtest (nach Normierung)
- Die relative Stabilität bewerten willst (ein VK unter 10% gilt als niedrig, 10-20% als moderat, über 30% als hoch)
Wichtige Einschränkung: Der Variationskoeffizient ist nur sinnvoll bei Verhältnisskalen mit natürlichem Nullpunkt (z. B. Umsätze, Mengen, Zeiten). Bei Intervallskalen wie Temperatur in Celsius ist er nicht geeignet, da der Nullpunkt willkürlich gewählt ist.
Nutzen und Zusammenfassung
Die Standardabweichung ist mehr als nur eine statistische Formel – sie ist ein unverzichtbares Werkzeug für fundierte betriebswirtschaftliche Entscheidungen. Während Mittelwerte dir sagen, wo die Mitte liegt, zeigt dir die Standardabweichung, wie zuverlässig diese Mitte tatsächlich ist.
Zentrale Erkenntnisse:
Die Standardabweichung berechnen bedeutet, die durchschnittliche Abweichung aller Werte vom Mittelwert zu ermitteln. Du ziehst dafür die Wurzel aus dem Durchschnitt der quadrierten Abweichungen. Dabei unterscheidest du zwischen der Grundgesamtheitsformel (Division durch N) und der Stichprobenformel (Division durch n-1).
In der Wirtschaft nutzt du die Standardabweichung vor allem, um Risiken zu quantifizieren, Prozesse zu überwachen und Prognosen zu bewerten. Sie ergänzt den Mittelwert um die entscheidende Information zur Streuung und macht Daten damit erst richtig interpretierbar.
Excel nimmt dir die aufwendige Berechnung ab – du solltest aber die Logik dahinter verstehen, um die Ergebnisse korrekt zu interpretieren. Achte dabei auf Ausreißer, wähle die richtige Formel für Stichprobe oder Grundgesamtheit und prüfe, ob deine Daten annähernd normalverteilt sind.
Wenn du Datensätze mit unterschiedlichen Mittelwerten vergleichen möchtest, nutze zusätzlich den Variationskoeffizienten. Er setzt die Standardabweichung ins Verhältnis zum Mittelwert und ermöglicht aussagekräftige Vergleiche der relativen Streuung.
Die Standardabweichung ist eng mit anderen betriebswirtschaftlichen Analysemethoden verbunden. Ob du Kontenarten bestimmen musst oder die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung anwendest – überall, wo Zahlen im Spiel sind, liefert dir die Standardabweichung wertvolle Zusatzinformationen über die Stabilität und Verlässlichkeit dieser Werte.
FAQ – Häufige Fragen zur Standardabweichung
Wann verwende ich die Stichproben- und wann die Grundgesamtheitsformel?
Verwende die Stichprobenformel (Division durch n-1), wenn du nur einen Teil der Gesamtheit untersucht hast und auf die Grundgesamtheit schließen möchtest. Das ist in der Praxis der Regelfall – zum Beispiel bei Umfragen, Stichprobenkontrollen oder Testkäufen. Die Grundgesamtheitsformel (Division durch N) nutzt du nur, wenn du wirklich alle Daten der Population vorliegen hast, etwa alle Gehälter aller Mitarbeiter deines Unternehmens oder alle Transaktionen eines abgeschlossenen Geschäftsjahres.
Was bedeutet eine hohe bzw. niedrige Standardabweichung?
Eine hohe Standardabweichung bedeutet starke Streuung – die Werte liegen weit vom Mittelwert entfernt. Das kann auf hohes Risiko, große Unsicherheit oder instabile Prozesse hindeuten. Eine niedrige Standardabweichung zeigt, dass die Werte eng um den Mittelwert clustern, was für Stabilität, Vorhersehbarkeit und geringeres Risiko spricht. Was „hoch" oder „niedrig" ist, hängt aber immer vom Kontext ab. Nutze den Variationskoeffizienten für einen objektiven Vergleich: Werte unter 10 Prozent gelten als niedrig, über 30 Prozent als hoch.
Warum wird die Abweichung quadriert und dann die Wurzel gezogen?
Das Quadrieren hat zwei wichtige Funktionen: Erstens werden dadurch negative und positive Abweichungen gleichwertig behandelt (beide werden positiv). Zweitens werden größere Abweichungen überproportional gewichtet, was die Sensibilität für Ausreißer erhöht. Das anschließende Wurzelziehen bringt die Standardabweichung zurück in die ursprüngliche Einheit der Daten, was die Interpretation erheblich erleichtert. Die Varianz (ohne Wurzel) bleibt in quadrierten Einheiten und ist daher schwerer zu interpretieren.
Kann die Standardabweichung größer als der Mittelwert sein?
Ja, das ist möglich und kommt vor allem bei Daten mit starker Rechtsschiefe vor – zum Beispiel bei Einkommensverteilungen oder Schadenshöhen in der Versicherungswirtschaft. Es bedeutet einfach, dass die Streuung extrem hoch ist. Ein Variationskoeffizient über 100 Prozent ist zwar ungewöhnlich, aber mathematisch und inhaltlich möglich. In solchen Fällen solltest du prüfen, ob deine Daten vielleicht besser durch den Median und den Quartilsabstand beschrieben werden.
Wie interpretiere ich die Standardabweichung bei nicht-normalverteilten Daten?
Bei stark schiefen oder multimodalen Verteilungen verliert die klassische Interpretation (68-95-99,7-Regel) ihre Gültigkeit. Die Standardabweichung bleibt dennoch ein Maß für die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert, aber du solltest vorsichtig mit Wahrscheinlichkeitsaussagen sein. In solchen Fällen empfiehlt sich die Kombination aus mehreren Kennzahlen: Neben der Standardabweichung betrachtest du auch den Median, den Quartilsabstand und eventuell Schiefe und Kurtosis. Eine grafische Darstellung (Histogramm, Boxplot) hilft dir, die tatsächliche Verteilung zu verstehen.