Buchungssatz Rückstellungen: Definition, Beispiele & Tipps
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- Rückstellungen sind Passivposten in der Bilanz für ungewisse Verbindlichkeiten oder drohende Verluste, die dem Vorsichtsprinzip folgen und zukünftige finanzielle Verpflichtungen bereits in der Gegenwart erfassen.
- Für die Bildung von Rückstellungen müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein: eine Verpflichtung gegenüber Dritten, wirtschaftliche Verursachung in der aktuellen oder früheren Periode, wahrscheinlicher Ressourcenabfluss und zuverlässige Schätzbarkeit des Betrags.
- Die Buchung von Rückstellungen erfolgt in zwei Schritten (Bildung und spätere Auflösung/Inanspruchnahme), wobei verschiedene Arten wie Rückstellungen für Prozesskosten, Garantien, nicht genommenen Urlaub und Steuernachzahlungen unterschieden werden.
Rückstellungen gehören zu den grundlegenden Konzepten in der Buchhaltung und sind ein wesentlicher Bestandteil der ordnungsgemäßen Rechnungslegung. Sie stellen einen wichtigen Mechanismus dar, um zukünftige finanzielle Verpflichtungen bereits in der Gegenwart bilanziell zu erfassen. Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) und den International Financial Reporting Standards (IFRS) müssen Unternehmen Rückstellungen bilden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese buchhalterische Praxis folgt dem Vorsichtsprinzip und soll ein realistisches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens sicherstellen.
Doch wie genau definiert man Rückstellungen? Welche rechtlichen Grundlagen musst du beachten? Und wie werden Rückstellungen korrekt gebucht? Diese Fragen werden wir in diesem Artikel ausführlich beantworten.
Was sind Rückstellungen und warum sind sie wichtig?
Rückstellungen sind Passivposten in der Bilanz, die für ungewisse Verbindlichkeiten oder drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Sie stellen Aufwendungen dar, die dem aktuellen Geschäftsjahr zuzurechnen sind, obwohl die tatsächliche Zahlung erst in der Zukunft erfolgt.
Die rechtliche Grundlage für Rückstellungen findet sich im HGB, insbesondere in den §§ 249 und 253. Nach § 249 Abs. 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Die IFRS regeln Rückstellungen hauptsächlich im Standard IAS 37 "Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen".
Welche Voraussetzungen müssen für die Bildung von Rückstellungen erfüllt sein?
Damit du eine Rückstellung bilden kannst, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss eine Verpflichtung gegenüber Dritten bestehen (rechtlich oder faktisch)
- Die wirtschaftliche Verursachung muss in der aktuellen oder einer früheren Periode liegen
- Es muss wahrscheinlich sein, dass die Verpflichtung zu einem Abfluss von Ressourcen führt
- Der Betrag der Verpflichtung muss zuverlässig geschätzt werden können
Für welche Fälle werden Rückstellungen gebildet?
Rückstellungen werden für verschiedene Zwecke gebildet. Hier sind die häufigsten Arten:
Ungewisse Verbindlichkeiten
Hierzu zählen Verpflichtungen, deren Bestehen oder Höhe noch nicht genau feststeht, wie:
- Rückstellungen für Prozesskosten
- Rückstellungen für Steuernachzahlungen
- Rückstellungen für Gewährleistungen und Garantien
Drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
Diese Rückstellungen werden gebildet, wenn bei noch nicht vollständig erfüllten Verträgen Verluste drohen.
Aufwandsrückstellungen
Nach § 249 Abs. 2 HGB können für bestimmte Aufwendungen Rückstellungen gebildet werden, wie:
- Instandhaltungsrückstellungen
- Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen
Personalrückstellungen
Diese umfassen:
- Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen (nach § 249 Abs. 1 HGB)
- Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen
- Rückstellungen für nicht genommenen Urlaub
Wie werden Rückstellungen gebucht?
Die Buchung von Rückstellungen erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird die Rückstellung gebildet, später wird sie entweder aufgelöst oder in Anspruch genommen.
Welche Konten werden für die Buchung von Rückstellungen verwendet?
Für die Buchung von Rückstellungen benötigst du folgende Konten:
- Aufwandskonto (je nach Art der Rückstellung)
- Rückstellungskonto (Passivkonto)
- Ggf. Bank- oder Kassakonto bei Inanspruchnahme
Wie sieht der Buchungssatz für die Bildung einer Rückstellung aus?
Bei der Bildung einer Rückstellung wird ein Aufwandskonto belastet und das entsprechende Rückstellungskonto erkannt:
Aufwand an Rückstellung
Zum Beispiel bei einer Rückstellung für Prozesskosten:
Rechts- und Beratungskosten an Rückstellung für Prozesskosten
Wie werden Rückstellungen aufgelöst oder in Anspruch genommen?
Wenn der Grund für die Rückstellung entfällt, wird sie aufgelöst:
Rückstellung an Sonstige betriebliche Erträge
Bei Inanspruchnahme der Rückstellung:
Rückstellung an Bank
Wenn der tatsächliche Betrag höher ist als die gebildete Rückstellung:
Rückstellung an Bank
Aufwand an Bank
Welche konkreten Beispiele gibt es für Buchungssätze bei Rückstellungen?
Hier sind einige konkrete Beispiele für die Buchung von Rückstellungen:
Beispiel 1: Rückstellung für Prozesskosten
Ein Unternehmen wird verklagt und rechnet mit Prozesskosten in Höhe von 20.000 €. Die Rechtsabteilung schätzt die Wahrscheinlichkeit zu verlieren auf über 50%. Daher wird eine Rückstellung gebildet.
Buchungssatz für die Bildung der Rückstellung:
Rechts- und Beratungskosten (4949) an Rückstellung für Prozesskosten (3060) 20.000 €
Ein Jahr später wird der Prozess verloren und es fallen tatsächlich 22.000 € an Kosten an:
Rückstellung für Prozesskosten (3060) an Bank (1200) 20.000 €
Rechts- und Beratungskosten (4949) an Bank (1200) 2.000 €
Beispiel 2: Rückstellung für Garantieverpflichtungen
Ein Elektronikhersteller verkauft Produkte mit einer 2-jährigen Garantie. Basierend auf Erfahrungswerten rechnet das Unternehmen mit Garantiekosten in Höhe von 5% des Umsatzes. Bei einem Jahresumsatz von 2.000.000 € werden 100.000 € als Rückstellung gebildet.
Buchungssatz für die Bildung der Rückstellung:
Garantieaufwendungen (4300) an Rückstellung für Garantien (3050) 100.000 €
Im Folgejahr werden Garantieleistungen in Höhe von 40.000 € erbracht:
Rückstellung für Garantien (3050) an Bank (1200) 40.000 €
Beispiel 3: Rückstellung für nicht genommenen Urlaub
Zum Jahresende haben die Mitarbeiter eines Unternehmens noch 250 Urlaubstage nicht genommen. Der durchschnittliche Tagessatz beträgt 200 €. Es wird eine Rückstellung in Höhe von 50.000 € gebildet.
Buchungssatz für die Bildung der Rückstellung:
Personalaufwand (4120) an Rückstellung für Urlaub (3070) 50.000 €
Im nächsten Jahr nehmen die Mitarbeiter den Resturlaub:
Rückstellung für Urlaub (3070) an Personalaufwand (4120) 50.000 €
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der häufigsten Arten von Rückstellungen und ihrer Buchungssätze:
Art der Rückstellung | Buchungssatz (Bildung) | Buchungssatz (Inanspruchnahme) |
---|---|---|
Prozesskosten | Rechts- und Beratungskosten an Rückstellung für Prozesskosten | Rückstellung für Prozesskosten an Bank |
Garantieverpflichtungen | Garantieaufwendungen an Rückstellung für Garantien | Rückstellung für Garantien an Bank |
Nicht genommener Urlaub | Personalaufwand an Rückstellung für Urlaub | Rückstellung für Urlaub an Personalaufwand |
Steuernachzahlungen | Steueraufwand an Rückstellung für Steuern | Rückstellung für Steuern an Bank |
Instandhaltung | Instandhaltungsaufwand an Rückstellung für Instandhaltung | Rückstellung für Instandhaltung an Bank |
Wie kannst du Rückstellungen in der Praxis üben?
Übungsaufgabe 1: Rückstellung für Jahresabschlusskosten
Die Müller GmbH muss zum Jahresende den Jahresabschluss erstellen lassen. Die Kosten für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werden auf 15.000 € geschätzt. Wie lautet der Buchungssatz zur Bildung der Rückstellung?
Lösung:
Abschluss- und Prüfungskosten (4960) an Rückstellung für Jahresabschlusskosten (3080) 15.000 €
Übungsaufgabe 2: Rückstellung für Umweltverpflichtungen
Die Chemie AG ist gesetzlich verpflichtet, nach Beendigung der Produktion an einem Standort Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 500.000 €. Wie wird die Rückstellung gebildet und wie später bei tatsächlichen Kosten von 480.000 € gebucht?
Lösung für die Bildung:
Aufwendungen für Umweltschutzmaßnahmen (4980) an Rückstellung für Umweltverpflichtungen (3090) 500.000 €
Lösung für die Inanspruchnahme:
Rückstellung für Umweltverpflichtungen (3090) an Bank (1200) 480.000 €
Rückstellung für Umweltverpflichtungen (3090) an Sonstige betriebliche Erträge (8400) 20.000 €
Welche häufigen Fehler solltest du bei der Buchung von Rückstellungen vermeiden?
Bei der Buchung von Rückstellungen passieren häufig folgende Fehler:
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Falsche Bewertung der Rückstellung: Die Höhe der Rückstellung muss nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung bemessen werden. Zu niedrige oder zu hohe Ansätze können zu Bilanzierungsfehlern führen.
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Fehlende Dokumentation: Die Grundlagen für die Bildung und Bewertung von Rückstellungen sollten stets sorgfältig dokumentiert werden, um späteren Prüfungen standzuhalten.
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Verwechslung mit Verbindlichkeiten: Rückstellungen unterscheiden sich von Verbindlichkeiten durch ihre Ungewissheit hinsichtlich Höhe oder Zeitpunkt. Diese Unterscheidung muss klar sein.
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Falsche Kontierung: Die Verwendung der falschen Konten kann zu Fehlern in der Bilanz und GuV führen.
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Vergessen der Auflösung: Wenn der Grund für eine Rückstellung entfällt, muss sie aufgelöst werden. Dies wird oft vergessen.
Warum ist das Beherrschen von Rückstellungen so wichtig?
Das korrekte Buchen von Rückstellungen ist aus mehreren Gründen wichtig:
-
Einhaltung gesetzlicher Vorschriften: HGB und IFRS stellen klare Anforderungen an die Bildung und Bewertung von Rückstellungen.
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Realistisches Bilanzbild: Rückstellungen tragen dazu bei, ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu vermitteln.
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Prüfungsrelevanz: In der Steuerprüfung oder Wirtschaftsprüfung werden Rückstellungen genau unter die Lupe genommen.
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Klausurenrelevanz: In wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen sind Rückstellungen ein häufiges Prüfungsthema.
Die korrekte Bildung und Buchung von Rückstellungen ist daher eine Kernkompetenz für Studierende der Wirtschaftswissenschaften und Berufstätige im Rechnungswesen. Mit den in diesem Artikel vorgestellten Grundlagen, Beispielen und Übungen bist du gut gerüstet, um Rückstellungen in der Praxis richtig zu buchen und in Prüfungssituationen zu bestehen.
Weitere Informationen zu Rückstellungen findest du in den folgenden externen Quellen:
- DATEV-Lexikon zu Rückstellungen
- IAS 37 auf IFRS-Portal
- Steuerliche Behandlung von Rückstellungen beim Bundesfinanzministerium
FAQ zu Rückstellungen
Wie unterscheiden sich Rückstellungen von Rücklagen?
Rückstellungen sind Passivposten für zukünftige Verpflichtungen und mindern den Gewinn. Rücklagen hingegen sind Teile des Eigenkapitals, die aus dem bereits versteuerten Gewinn gebildet werden.
Müssen Rückstellungen immer gebildet werden?
Für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften besteht nach HGB eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen. Für bestimmte Aufwandsrückstellungen besteht ein Wahlrecht.
Wie werden Rückstellungen steuerlich behandelt?
Nicht alle handelsrechtlich zulässigen Rückstellungen werden auch steuerlich anerkannt. Die Kriterien nach Steuerrecht sind oft strenger als nach Handelsrecht. So sind z.B. Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB steuerlich nicht zulässig.
Wie bewertet man die Höhe einer Rückstellung?
Die Bewertung erfolgt nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung. Dabei sind alle erkennbaren Risiken und ungewissen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Langfristige Rückstellungen (Laufzeit > 1 Jahr) sind nach § 253 HGB abzuzinsen.
Was passiert, wenn die tatsächlichen Kosten von der Rückstellung abweichen?
Wenn die tatsächlichen Kosten niedriger sind als die gebildete Rückstellung, wird der Differenzbetrag als sonstiger betrieblicher Ertrag verbucht. Sind die Kosten höher, muss der Mehrbetrag als zusätzlicher Aufwand gebucht werden.